Tutorials

© URKERN, Ivana Bilz
Eine Gruppe von Studierenden arbeitet gemeinsam an Physik-Aufgaben. Dazu sitzen sie an einem runden Tisch und beschreiben gemeinsam ein Whiteboard.

© Lisa Lanzinger, TH Rosenheim

Tutorials in der MINT-Lehre

Das Verstehen komplexer Inhalte, die für MINT-Fächer typisch sind, gelingt nur durch die eigene aktive Auseinandersetzung mit dem Stoff. Diese Auseinandersetzung erweist sich als besonders wirksam, wenn Studierende in kleinen Gruppen arbeiten und ihre Aufmerksamkeit durch gezielt vorbereitete Lehrpersonen auf kritische Punkte gelenkt wird. Forschungsbasierte und auf ihre Wirksamkeit überprüfte Lehrmaterialien, die diese kritischen Punkte thematisieren, sogenannte Tutorials stehen für den Hochschulbereich in Physik, Technische Mechanik, Grundlagen der Elektrotechnik, Informatik (Programmieren in C, C++ und Java) und vereinzelt in Strömungsmechanik und Mathematik (Differentialgleichungen) zur Verfügung.

TutorialArbeitsblätter

Bei den Lehrmaterialien handelt es sich um kollaborative Arbeitsblätter, die auf Erkenntnissen zu typische Fehlvorstellungen oder Verständnishürden von Studierenden basieren. Die amerikanische Physikerin Lillian McDermott (1931- 2020), Initiatorin des Tutorial-Projekts an der Universit of Washington, beschreibt die typischen Vorgehensweisen der Tutorials mit den Begriffen „elicit“, „confront“ und „resolve“ (McDermott, 1991): Es geht darum, die ursprünglichen Vorstellungen sichtbar zu machen (elicit), ihnen andere Überlegungen oder Beobachtungen gegenüberzustellen (confront) und mögliche Widersprüche zwischen ihnen aufzulösen (resolve). Dies wird in den Arbeitsblättern durch das Aufstellen von Vermutungen/Hypothesen, Durchführen von kleinen Experimenten und Gedankenexperimenten und die Auseinandersetzung mit den Überlegungen anderer Studierender erreicht.

Der Einsatz von Tutorials

Unter dem Begriff Tutorials versteht man nicht nur die Lehrmaterialien selbst, sondern auch die Art ihres Einsatzes in Lehrveranstaltungen. Tutorials sind nicht für das Selbststudium gedacht! Sie sollten von Studierenden in Kleingruppen (3-4 Personen) bearbeitet werden, wobei diese von fachlich und didaktisch gut vorbereiteten „LernbegleiterInnen“ betreut werden. Die Rolle dieser LernbegleiterInnen besteht nicht darin zu erklären, sondern den Studierenden zunächst zuzuhören, ggf. den Austausch zwischen den Studierenden zu moderieren und, wenn nötig, die Aufmerksamkeit der Gruppe durch gezielte Fragen auf wichtige Aspekte oder mögliche Lösungsansätze zu lenken.

Unser Unterstützungsangebot

BayZiel fördert und unterstützt den Einsatz dieser evidenzbasierten, fachdidaktischen Lehrmaterialien durch Workshops, Artikel, Beratungen und Weiterentwicklungen.

Workshops

BayZiel bietet in gewissen Abständen Workshops zu den Tutorials an. Die nächsten Möglichkeiten sind:

In diesen Workshops werden bereits existierende Materialien für die Fächer Physik, Elektrotechnik, Technische Mechanik, Strömungsmechanik und Programmierung vorgestellt. Die Teilnehmenden erhalten Gelegenheit, Ausschnitte aus einzelnen Tutorials aus der Studierendenperspektive selbst zu erfahren, und lernen typische Designmerkmale solcher Arbeitsblätter kennen, um selbständig ähnliche Materialien für ihre eigenen fachlichen Themen zu entwickeln. Zudem werden Bedingungen für einen erfolgreichen Einsatz der Materialien diskutiert und empirische Ergebnisse über deren Wirksamkeit vorgestellt.

Beratung

Möchten Sie bestehende Tutorials in Ihren Lehrveranstaltungen einsetzen und haben Fragen zur Umsetzung? Sie können diesbezüglich gerne einen Beratungstermin anfragen unter lehr-lernforschung@bayziel.de.

Publizierte Tutorials

Folgende Sammlungen liegen in Buchform vor:

Kautz, C. H. (2010). Tutorien zur Elektrotechnik. Pearson.

Kautz, C. H. (2018). Tutorien zur Technischen Mechanik. Springer Vieweg.

McDermott, L. C. & Shaffer, P. S. (2009). Tutorien zur Physik. Pearson. [Original erschienen 2001]

Im Entwicklungsstadium befinden sich Tutorials zur Strömungsmechanik und zu Differentialgleichungen, die nach Rücksprache mit den Autorinnen und Autoren gegebenenfalls zur Verfügung gestellt werden können.

Publikationen

Weitere Literatur zum Thema

Kautz, C. (2014). Verständnisschwierigkeiten und Fehlvorstellungen in Grundlagenfächern des ingenieurwissenschaftlichen Studiums. In M. Rentschler & G. Metzger (Hrsg.), Perspektiven angewandter Hochschuldidaktik: Studien und Erfahrungsberichte (S. 81–112). Shaker.

Kautz, C. (2016). Wissenskonstruktion: Durch aktivierende Lehre nachhaltiges Verständnis in MINT-Fächern fördern (2., überarb. Aufl.). Schriften zur Didaktik der Ingenieurwissenschaften: Bd. 4. TUHH Universitätsbibliothek. https://doi.org/10.15480/882.1388

McDermott, L. C. (1991). Millikan Lecture 1990: What we teach and what is learned—Closing the gap. American Journal of Physics, 59(4), 301–315. 

McDermott, L. C. & Shaffer, P. S. (1992). Research as a guide for curriculum development: An example from introductory electricity. Part I: Investigation of student understanding. American Journal of Physics, 60(11), 994–1003. https://doi.org/10.1119/1.17003

Übersichtsartikel zu den Tutorials

Kautz, C., Direnga, J. & Schäfle, C. (2024). Physik gemeinsam konstruieren. Physik Journal, 23 (1), 33–37.

Kautz, C. & Fuhrmann, T. A. (2024). Using research-based instructional materials to foster conceptual understanding – Tutorials in Introductory Physics. In Proceedings of the 12th International Conference on Physics Teaching in Engineering Education (PTEE 2024) (pp. 38–46). https://opus4.kobv.de/opus4-rosenheim/frontdoor/index/index/docId/2576

Didaktikhäppchen zu Fehlkonzepten

Im Rahmen des Projekts Quadis erklärt Christian Kautz, wie man Fehlvorstellungen von Studierenden erkennt und auflöst. Des entsprechende Didaktikhäppchen finden Sie hier.

Kontakt

Bei Fragen rund um das Thema Tutorials, wenden Sie sich gerne an unser Team:

lehr-lernforschung@bayziel.de
+49 89 2020 540 0