Lehr-/Lernmodelle

© URKERN, Ivana Bilz

Bildungswissenschaftlich fundierte Lehr- und Lernmodelle im Fokus

Evidenzbasierte Lehr- und Lehrmodelle bilden die Grundlage für eine erfolgreiche Hochschullehre. Unser Ziel ist es, Lehr-Lernmodelle so aufzubereiten, dass sie direkt für die Lehrenden praktisch anwendbar sind. Dabei steht eine studierendenzentrierte Ausrichtung im Fokus: Der Lernerfolg der Studierenden wird durch aktivierende und zielgerichtete Lehrmethoden in den Mittelpunkt gestellt. 

Engagement steigern - Lernaktivität erhöhen: Das ICAP-Modell macht es möglich!

Passen meine Lehr- und Prüfungsmethode? Constructive Alignment als Antwort!

Constructive Alignment

Das Constructive Alignment von John Biggs stellt ein bekanntes Modell der Lehrplanung dar, welches eine Verbesserung der Lehr- und Lernqualität anstrebt. Was Studierende am Ende können sollen, muss mit dem, was sie tun und wie sie geprüft werden, in Einklang stehen. Dieser Kerngedanke von CA soll nachhaltiges, tiefgehendes Lernen ermöglichen und eine Logik durch die gesamte Lehrplanung verfolgen.

Das CA-Modell ist ein studentenzentrierter Ansatz, welcher auf der konstruktivistischen Lerntheorie basiert: Lernen entsteht nicht durch reine Wissensvermittlung, sondern durch die aktive Auseinandersetzung der Lernenden mit Inhalten. Wissen wird also konstruiert, nicht konsumiert​. Dies kann durch Gruppenarbeit, Problemlösungsaufgaben oder Diskussionsrunden geschehen, die es den Studierenden erlauben, ihr Wissen selbstständig zu erweitern und zu reflektieren.

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Wie funktioniert Constructive Alignment?

Lernziele definieren: Der erste Schritt besteht darin, zu formulieren, was Studierende nach dem Kurs können sollen. Diese Lernziele sollten konkrete, beobachtbare Handlungen beschreiben, beispielsweise „analysieren“, „bewerten“ oder „entwickeln“. So wird klar, welche Kompetenzen im Fokus stehen.

Prüfungsformate abstimmenDie Prüfungen sollten direkt auf die Lernziele abgestimmt sein. Während Multiple-Choice-Formate sich gut für Faktenwissen eignen, sind Essays oder Peer-Reviews besser geeignet, um Analyse- oder Bewertungskompetenzen zu prüfen.

Wichtig: Prüfungen beeinflussen auch das Lernverhalten, denn:  „Students learn what they think they will be tested on.“ – Biggs (1999, S. 141)

Lehrmethoden auswählen: Die eingesetzten Lehrmethoden sollten die Lernenden aktiv in den Lernprozess einbeziehen und sie dazu anregen, sich mit den Inhalten intensiv auseinanderzusetzen. Dabei können auch kollektive Lernformen wie Diskussionen und praxisorientierte Übungen integriert werden.

Mehr als nur Bürokratie – Reclaiming Constructive Alignment

In vielen Hochschulen ist Constructive Alignment heute Teil von Akkreditierungs- und Qualitätssicherungsverfahren, jedoch oft in stark formalisierten/standardisierten Formen. Dabei geht die eigentliche Idee – das Lernen als Mittelpunkt- manchmal verloren, sodass Lernziele mehr zur formalen Rechenschaftspflicht als zur tatsächlichen Lernförderung verwendet werden/beitragen.

Deshalb fordern ExpertInnen (Loghlin et al., 2021), das ursprüngliche Ziel von CA wieder stärker in den Fokus zu rücken – Reclaiming Constructive Alignment bedeutet:

  • Lehre am konstruktiven Lernen der Studierenden orientieren

  • Raum für offene, kreative Lernprozesse lassen

  • CA als Werkzeug zur reflexiven Lehrplanung verstehen, nicht als Kontrollinstrument

Auf diese Weise kann Constructive Alignment als Orientierungsrahmen gesehen werden, welcher Lehrende dabei unterstützt, ihre Lehre (lern-) zielgerichtet und lernförderlich zu konzipieren. Dabei profitieren nicht nur die Studierenden, sondern auch die Lehrenden durch eine gesteigerte Klarheit und Reflexion in ihrer Lehre.

1. Erinnern

Verben: erinnern, aufzählen, wiedergeben

Beispiel-Lernziel: „Die Studierenden können die Newton’schen Gesetze der Mechanik aufzählen.“

2. Verstehen

Verben: erklären, beschreiben, interpretieren

Beispiel-Lernziel: „Die Studierenden können den Zusammenhang zwischen Spannung, Strom und Widerstand anhand des Ohm’schen Gesetzes erklären.“

3. Anwenden

Verben: anwenden, nutzen, ausführen

Beispiel-Lernziel: „Die Studierenden wenden das Verfahren der linearen Regression zur Analyse von Messdaten an.“

4. Analysieren

Verben: unterscheiden, ordnen, analysieren

Beispiel-Lernziel: „Die Studierenden analysieren die Unterschiede zwischen Algorithmen zur Sortierung großer Datenmengen.“

5. Evaluieren

Verben: bewerten, begründen, entscheiden

Beispiel-Lernziel: „Die Studierenden bewerten die Eignung verschiedener Materialen für eine bestimmte technische Anwendung.“

6. Erschaffen

Verben: entwerfen, entwickeln, zusammenstellen

Beispiel-Lernziel: „Die Studierenden entwickeln ein eigenes Simulationsmodell zur Vorhersage von Klimaveränderungen.“

Lernziele konkret formulieren: Unterstützung durch die Taxonomie von Anderson & Krathwohl

Ein wesentlicher Bestandteil von Constructive Alignment ist die Definition der intendierten Lernziele.
Hierfür bietet sich die Überarbeitung der Bloom’schen Taxonomie durch Anderson & Krathwohl (2001) an. Sie differenziert Lernziele anhand:

  • kognitiver Prozesse (vom Erinnern bis zum Erschaffen)

  • verschiedener Wissensdimensionen (faktisch, konzeptionell, prozedural, metakognitiv)

Besonders praktisch: Mithilfe typischer Verben können Lernziele klar und beobachtbar formuliert werden.

→ Klicken Sie auf die einzelnen Kategorien, um Beispiele zu sehen.

Wie können Studierende diese Lernziele nun erreichen? Das ICAP-Modell!

Das ICAP-Modell

Aktives Lernen ist nicht gleich aktives Lernen! Das ICAP-Modell nach Michele Chi unterscheidet vier Stufen des Lernens von passiv bis interaktiv. Je aktiver und tiefgehender die Lernaktivitäten sind, desto größer ist auch der Erfolg.

Mit ICAP findet sich ein Modell, welches sich leicht auf die eigene Lehre übertragen lässt. Es hilft dabei, einzuschätzen, wie tief Studierende voraussichtlich lernen und wie Lernaktivitäten auf ein besseres/das gewünschte Niveau gebracht werden können. Bereits kleine Änderungen können dabei eine große Wirkung haben! Zu Ihrer Hilfe stellt das BayZiel auch eine Handreichung zur Verfügung, in welcher sie konkrete Praxistipps erhalten können. 

Die ICAP-Stufen im Überblick

Das ICAP-Modell kategorisiert studentisches Lernverhalten in vier kognitive Aktivitätsstufen, die mit der zu erwartenden Lerntiefe verknüpft sind:
  • Passiv (P): Studierende hören zu oder lesen mit, ohne etwas zu tun. Beispiel: Frontalvortrag
  • Aktiv (A): Studierende markieren, wiederholen oder beantworten geschlossene Fragen. Beispiel: Lückentext
  • Konstruktiv (C): Studierende erweitern oder strukturieren Wissen neu. Beispiel: Erklärvideo erstellen.
  • Interaktiv (I): Studierende tauschen sich aktiv mit anderen aus, korrigieren sich gegenseitig oder diskutieren. Beispiel: Gruppenarbeit mit Reflexion

Je „höher“ die Stufe, desto wahrscheinlicher ist ein tiefes und dauerhaftes Lernen. Die ICAP-Hypothese lautet also: I>C>>A>P

Interaktives Lernen ist tiefer als konstruktives, dieses weitaus tiefer als aktives, und aktives tiefer als passives Lernen.

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Warum ist das ICAP-Modell nützlich für Ihre Lehre?

Viele typische Lehrformate wie Vorlesungen oder seminaristischer Unterricht bewegen sich häufig nur auf der passiven oder aktiven Stufe. Auch Methoden wie „Clickerfragen“ ohne Peer-Diskussion bleiben meist im Aktiven. Jedoch zeigt sich in der Forschung, dass Konstruktive und Interaktive Lernformen zu deutlich besseren Lernergebnissen führen als passive oder aktive Methoden.

Mithilfe des ICAP-Modells können Lehrende:

  • Lernaktivitäten bewusst planen und einschätzen
  • Studierende zu tieferem Lernen anregen
  • eigene Lehre reflektieren und weiterentwickeln

Für konkrete Praxistipps als auch Übungen zur Reflexion der eigenen Lehre können Sie gerne unsere Handreichung über das ICAP-Modell sichten!

 

"Lesen Sie den Text."

Passives Lernen – das geht noch aktiver!

„Markieren Sie die wichtigsten Begriffe im Text.“

Aktives Lernen – gut, geht aber noch tiefer!

„Fassen Sie den Inhalt in eigenen Worten zusammen.“

Konstruktives Lernen erreicht! Vielleicht noch etwas Interaktivität?

„Diskutieren Sie mit einem Partner, wie sich Ihre Lösung unterscheidet und warum.“

Und so einfach ist Interaktives Lernen erreicht! 

Kleine Änderung, große Wirkung – auf die Aufgabenstellung kommt es an!

Bereits durch einfache Anpassungen von Aufgabenstellungen kann ein Übergang von aktivem zu konstruktivem und sogar interaktivem Lernen erreicht werden.

Solche Veränderungen erfordern keine vollständige Neugestaltung der Lehre, können aber bedeutsam zur Lerntiefe beitragen. Wie hier deutlich wird, spielt allein schon die Verwendung der Verben bei der Aufgabenformulierung eine entscheidende didaktische Rolle.

Quellen

Anderson, L. W., & Krathwohl, D. R. (Hrsg.). (2001). A taxonomy for learning, teaching, and assessing: A revision of Bloom’s taxonomy of educational objectives. Longman.

Biggs, J. (1999). Teaching for quality learning at university: What the student does. Open University Press.

Chi, M. T. H., Adams, J., Bogusch, E. B., Bruchok, C., Kang, S., Lancaster, M., Levy, R., Li, N., McEldoon, K. L., Stump, G. S., Wylie, R., Xu, D., & Yaghmourian, D. L. (2018). Translating the ICAP theory of cognitive engagement into practice. Cognitive Science, 42(6), 1777–1832. https://doi.org/10.1111/cogs.12626

Chi, M. T. H. (2021). Translating a theory of active learning: An attempt to close the research–practice gap in education. Topics in Cognitive Science, 13(3), 441–463. https://doi.org/10.1111/tops.12539

Loughlin, C., Lygo-Baker, S., & Lindberg-Sand, Å. (2021). Reclaiming constructive alignment. European Journal of Higher Education, 11(2), 119–136. https://doi.org/10.1080/21568235.2020.1816197

 

Kontakt

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0892020540-54